Offene Türen für Kunstliebhaber: Hut ab vor Hohen Neuendorfer Künstlerin
| Keramikerin Christa Koslitz | |
| Christa Koslitz | |
| Website: | www.christa-koslitz.com |







Ton der Erinnerung

Stand: Oktober 2025
Hut ab vor einer Hohen Neuendorfer Künstlerin. Und das ist wörtlich gemeint.
In Luckenwalde, einst als „Hutstadt“ bekannt, stehen heute drei überdimensionale Hüte aus gebranntem Ton mitten in der Stadt. Dieses Kunstwerk fällt durch seine klare Form
sowie seine Materialität auf und verweist auf die Geschichte des Ortes. Verantwortlich dafür ist die Künstlerin Christa Koslitz aus Hohen Neuendorf. Sie arbeitet mit Ton, fertigt daraus gern Skulpturen in Kopfgestalt und erstellt Radierungen. Ihre Schöpfungen sind klar und voller Charakter. Ebenso wie ihre Werke, strahlt auch sie selbst Stil, Klugheit und eine leise Eleganz aus.
„Als Kind wollte ich Porzellanmalerin werden. Die feinen
Linien, das weiße Material, das hat mich einfach fasziniert“, erzählt sie rückblickend.
Wenn Christa Koslitz das sagt, klingt es einfach, fast zurückhaltend, doch in diesem Satz steckt die Klarheit eines künstlerischen Weges, der sich über Jahrzehnte hinweg entwickelt hat.
Vom Traum zur Keramik
Christa Koslitz wurde am 8. Dezember 1944 in Berlin geboren und wuchs in Hennigsdorf auf. Bereits als Kind interessierte sie sich für Muster, Oberflächen und Gestaltung. 1959 begann sie eine dreijährige Töpferlehre in der Keramikwerkstatt Grothe in Velten,
die sie 1962 vollendete. Im
Anschluss arbeitete sie viele Jahre dort nach Leistungslohn. Sie fertigte unglasierte sowie polierte Vasen, Krüge und Schalen aus Terrakotta sowie Terra Sigillata. Die Formen
waren schlicht, klar und handwerklich anspruchsvoll.
Später erweiterte sie ihr Wissen über Glasuren auf autodidaktischem Wege, unterstützt durch die Begegnung mit der Keramikerin Hedwig Bollhagen. „Ich hatte lange Zeit einen Raum bei ihr. Sie war streng, aber inspirierend“, erinnert sich Christa Koslitz zurück.
Hedwig Bollhagen war eine der bedeutendsten deutschen Keramikerinnen des 20. Jahrhunderts. Sie gründete 1934 mit Heinrich Schild die „HB-Werkstätten für Keramik“ in Marwitz und war über 65 Jahre lang deren künstlerische Leiterin. Ihre Entwürfe verbanden Funktionalität mit zeitloser Ästhetik. Diese Haltung beeinflusste Christa Koslitz stark. 1976 legte Christa Koslitz ihre Meisterprüfung ab. In den
späten 1970er-Jahren studierte sie formgebende Gestaltung
in Halle an der Saale. 1978,
mit 33 Jahren, präsentierte sie
ihre erste Einzelausstellung in Schwedt.
Kunst und Alltag in der DDR
Christa Koslitz ist eine Künstlerin, deren Wurzeln in der Kunstlandschaft der DDR
liegen. Die angewandte Kunst war dort eng mit dem Alltag verknüpft. Künstler arbeiteten in Werkstätten, Betrieben oder gestalterischen Kollektiven. Märkte spielten keine Rolle. Dafür lag der Fokus auf Funktion und Formbewusstsein. Gerade im Bereich der Keramik entstanden Kreationen von
hoher technischer und künstlerischer Wertigkeit.
„Qualität bei Keramik ist für mich enorm wichtig. Wenn ich zum Beispiel ein Bild male und es nicht gelingt, kann ich es einfach überarbeiten. Bei der Keramikkunst ist das anders. Springt oder reißt das Material, ist das Werk meist unrettbar und findet seinen Weg in die Tonne“, berichtet die Künstlerin von ihren hohen Maßstäben an sich selbst.
Neues Zuhause
Seit 1983 lebt und arbeitet Christa Koslitz in Hohen Neuendorf. Ihr Haus hat sie mit viel Liebe zum Detail
gestaltet. Der Garten ist ein lebendiger Ort, der Kunst und Natur auf besondere Weise verbindet. Hier entstehen nicht nur keramische Objekte und abstrahierte Kopfskulpturen, sondern ebenso farbig bemalte Schalen und Vasen, die durch ihre Originalität auffallen. Sie liebt es, Dinge zu erschaffen, die überraschen und berühren. Ein Beispiel dafür ist ihr Engel, der „fliegt“ und zugleich als Kerzenständer dient, indem man eine Kerze in seine Hände steckt. Ebenso sind ihre bunten Wandteller bemerkenswert. Sie zeigen meist farbenfrohe Motive von Gesichtern und sind ein echter Hingucker an der Wand.
Zweimal im Jahr, zu Ostern und am ersten Advent, öffnet Christa Koslitz ihr Haus und ihren Garten für Besucher. Diese Einblicke in ihre Arbeitswelt sind Begegnungen mit Kunst und Alltag. Wer hier hereinschaut, erlebt ein stilvoll eingerichtetes Zuhause und originelle Kunst, was von der Künstlerin mit charmanten Gesprächen voller Witz und Tiefgang umrahmt wird. Daneben kann man sie jederzeit spontan besuchen kommen. „Ich brauche die Ruhe zum Arbeiten. Aber ich benötige auch den Austausch. Das
gehört für mich zusammen“, erklärt sie.
Neuanfang nach der Wende
Mit der politischen Wende 1990 veränderten sich die
Bedingungen für Kunst und Handwerk grundlegend. Strukturen lösten sich auf,
Sicherheiten verschwanden. Auch Christa Koslitz verlor ihre Anstellung und gewohnte Zusammenhänge fanden ihr Ende. Nach einer kurzen Zeit der Arbeitslosigkeit entschied sie sich, weiterhin selbstständig tätig zu sein.
In dieser Phase wurde heller Ton zu ihrem zentralen
Arbeitsmaterial. Ihre Objekte blieben funktional und klar. Zwischen 1991 und 1996 arbeitete sie eng mit dem Maler Wolf-Dieter Pfennig zusammen, der auf ihre Objekte eindrucksvolle Gestaltungen mit dem Pinsel aufbrachte.
Es war eine produktive Phase des künstlerischen Austausches.
Kunst und Köpfe
Alle Arbeiten von Christa Koslitz sind dezent und präzise. Gerade diese Zurückhaltung verleiht ihnen Stärke. Charakteristisch sind feine Ritzungen, Linienführungen und strukturierte Flächen.
Sie wirken hell, fragil und fast schwerelos. Ihre Kopfskulpturen sind lebendig gestaltet. Durch präzise Modellierung und gekonnten Farbauftrag vermittelt Christa Koslitz
eine starke Ausdruckskraft. Jedes Stück erzählt eine eigene Geschichte.
Drei Hüte für Luckenwalde
Ihr Werk „Drei Hüte“
entstand 2004 im Rahmen
eines Wettbewerbs zur städtebaulichen Erneuerung der Stadt Luckenwalde. Die drei imposanten Skulpturen aus gebranntem Ton greifen klassische Hutformen auf, abstrahiert sowie in neue
Dimensionen übertragen. Sie befinden sich auf dem Boulevard von Luckenwalde und sind aus unterschiedlichen Perspektiven sichtbar. Heute stehen sie unter Denkmalschutz.
Einzigartige Künstlerin
Christa Koslitz ist keine Künstlerin der großen Gesten. Sie folgt keiner Mode und keinem Markt, sondern einer inneren Ordnung. Sie arbeitet aus dem Material heraus und lässt die Form sprechen. In
einer Welt voller Bilder bleibt ihre Handschrift einzigartig und unverkennbar.
Die Hohen Neuendorferin verbindet in ihrem Schaffen die Erfahrungen der DDR mit der Gegenwart. Christa Koslitz bewahrt damit handwerkliches Wissen und Erinnerung. Ihre Werke tragen Zeit in sich und laden jeden ein, genau hinzusehen.